In einem kleinen operativen Eingriff wird eine Metallkammer im oberen Brustbereich unter die Haut gelegt. Diese Kammer ist durch einen Schlauch mit einer tiefen Vene verbunden. Bei der Faktorgabe wird mit einer speziellen Nadel durch die Haut und die darunterliegende Silikonmembran in die Kammer gestochen. Von der Kammer gelangt der Faktor schließlich in die verbundene Vene.
Herausforderung Venenzugang
Bei der Hämophilie treten die ersten Symptome meistens schon im Krabbelalter auf. Die betroffenen Buben neigen zu blauen Flecken und spontanen Blutungen in die Gelenke oder Muskeln. Da das Verletzungsrisiko im Lauflernalter mit zunehmender Mobilität steigt, wird ab Ende des 1. Lebensjahres eine regelmäßige Prophylaxe zur Vorbeugung gegen Blutungen empfohlen.
Im Zuge der Prophylaxe erhält das Kind den fehlenden Gerinnungsfaktor 2–3-mal pro Woche intravenös gespritzt. Im Idealfall erfolgt dies über die normale intravenöse Injektion in eine Hautvene, zumeist im Bereich von Ellenbeuge, Hand- oder Fußrücken. Allerdings kann es schwierig sein, eine geeignete Vene für die Injektion zu finden, da die Venen im Kleinkindalter nicht gut sichtbar oder tastbar sind.
Im Falle einer schwierigen Venensituation gibt es zwei Möglichkeiten, um die regelmäßigen Faktorgaben zu erleichtern: Port-a-Cath oder arterio-venöser Shunt (AV-Shunt).
Port-a-Cath

AV-Shunt
In einem kleinen operativen Eingriff im Bereich Ellenbeuge oder Handgelenk wird eine direkte Verbindung (ein AV-Shunt) zwischen einer Arterie und einer Hautvene gelegt. Durch den höheren Blutdruck aus der Arterie vergrößern sich allmählich die Venen in der Umgebung des AV-Shunts. So werden die Venen besser sichtbar und die Faktorgaben deutlich vereinfacht. Die Faktorgabe erfolgt wie bei der normalen intravenösen Injektion.
Ungefähr ab dem Schulalter kann wieder auf Port-a-Cath oder AV-Shunt verzichtet werden, da die Venen dann meist leicht genug für eine normale, intravenöse Injektion zu finden sind.

Alle Arten der Faktorgaben haben Vor- und Nachteile – eine Übersicht
Normale intravenöse Injektion
Vorteile:
+ Nutzung der normalen Venen
+ Normale Hautdesinfektion
+ Nahezu keine Risiken für Infektionen oder Thrombosen
Nachteile:
– Eventuell wiederholte Stechversuche notwendig
– Dadurch gelegentliche blaue Flecken
– Eventuell kann Injektionslösung ins umliegende Gewebe gelangen
Port-a-Cath
Vorteile:
+ Regelmäßige Faktorgabe über die meist gut tastbare Port-a-Cath Kammer möglich
+ Keine wiederholten Stechversuche
+ Das Stechen kann von den Eltern gelernt werden
+ Verwendung unmittelbar nach dem operativen Einbau
+ Verwendung über mehrere Jahre möglich, wenn keine Komplikationen auftreten
Nachteile:
– Operativer Eingriff für EInbau und Entfernung notwendig
– Fremdmaterial im Körper
– Erhöhtes Risiko für Infektionen, Fehlfunktionen, Verstopfung
– Gefahr von Venenthrombosen (Blutgerinnseln)
– Verschiebung des Port-a-Caths und Gefäßverletzungen möglich
– Aufwändigeres Einschulen der Eltern für ein möglichst sauberes und keimfreies Arbeiten
– Eltern/Kinder sammeln keine Erfahrung mit der Faktorgabe in die Vene (was nach Entfernung des Port-a-Caths notwendig wird)
AV-Shunt
Vorteile:
+ Einfache Faktorgabe in die Vene
+ Minimale Infektionsgefahr, geringes Thromboserisiko
+ Lange (unbegrenzte) Anwendbarkeit
+ Frühzeitige Gewöhnung der Eltern und Kinder an die Faktorgabe in die Vene
+ Eine Belastung für Herz oder Kreislauf ist nicht zu erwarten
Nachteile:
– Kleiner operativer Eingriff notwendig
– Eventuell verstärkte Venenzeichnung am Arm
– Bei Shunt-Thrombose/Fehlfunktion Neuanlage erforderlich
– Kleiner Eingriff für das Aufheben der Verbindung, wenn der AV-Shunt nicht mehr benötigt wird
– Ein theoretisch mögliches, vermindertes Armwachstum konnte bisher nicht beobachtet werden